Geschichte des 48-Stunden-Schwimmens
Das 48-Stunden-Schwimmen ist mittlerweile aus dem Programm regelmäßiger Veranstaltungen, die vom ISV ausgerichtet werden, nicht mehr wegzudenken. In Bad Godesberg genießt es auch außerhalb des Schwimmsportgeschehens einen sehr hohen Bekanntheitsgrad („Ihr schwimmt doch da immer zwei Tage lang im Rüngsdorfer Freibad...?“). Doch mag sich manchem die Frage stellen, warum in aller Welt ein Schwimmverein auf die Idee kommt, im meist regnerisch-kühlen Bonner Sommer seit nunmehr fast zwanzig Jahren 48 Stunden lang rund um die Uhr Bahnen im Rüngsdorfer Panoramabad zu ziehen. Also, das kam so...
Im Jahr 1980 trainierten Dirk Wippern, Jörg Menzel, Wolfgang Heer und viele andere auch im damaligen ISC Bonn-Süd bei einer Trainerin namens Ellen Loeper. Da gab es des öfteren Einschwimmprogramme von 800m Lagen, über die nicht nur die drei namentlich genannten Aktiven jammerten. Eines Tages erzählte die Trainerin dann, sie sei in ihrer aktiven Zeit mal 4.000m Lagen (also 1.000m Delphin, 1.000m Rücken usw.) geschwommen, 800m Lagen zum Einschwimmen könnten also nicht so schlimm sein. Daraus entwickelte sich eine Wette zwischen Jörg, Dirk und Wolfgang auf der einen Seite und den beteiligten Eltern und Trainern andererseits: Wir behaupteten, in der Lage zu sein, die 4.000m Lagen in weniger als anderthalb Stunden zu schwimmen (natürlich ohne diese Strecke vorher mal absolviert zu haben). Ich weiß nicht mehr, was wir tun wollten, wenn wir es nicht schafften, aber das spielt auch keine Rolle, weil wir alle drei die 4.000m Anfang Januar 1981 im Bonner Viktoriabad in etwa 70 Minuten bewältigten. Und dann wurden da reichhaltigst Wettgewinne eingefahren: Schwimmausrüstung, Mampfen bis zum Abwinken bei McDonald’s und und und.
Was hat das denn nun mit dem 48-Stunden-Schwimmen zu tun? Dirk und ich suchten angesichts der erfolgreich absolvierten Wette eine neue Herausforderung und kamen im gemeinsam verlebten Latein-Unterricht auf die Idee, ein Dauerschwimmen zu organisieren. Die erste „Arbeitsidee“ war, das Ganze mit drei Schwimmern (wir beide plus Jörg Menzel) 24 Stunden lang durchzuziehen. Schnell kam die realistische Einsicht, dass das wohl so nicht zu realisieren sein würde. Also sollte der ganze ISC an der Schwimmerei beteiligt werden. Damit das dann nicht zu lasch würde, wurden aus 24 Stunden zwei volle Tage. Und für einen guten Zweck sollte es auch noch sein. Wir 16-jährigen kannten damals nur die Aktion Sorgenkind, für die wir uns zwei Tage lang im Freibad in’s Wasser werfen wollten.
Gesagt, getan? So einfach die Idee war, so schwierig war die konkrete Umsetzung. Der damalige ISC-Vorstand musste einige Hebel in Bewegung setzen: Das Freibad musste ja ein ganzes Wochenende für uns offenstehen, wo sollten die Schwimmer schlafen, wer zählte die Bahnen, wie wollte man das Becken des Nachts beleuchten usw. usf. Schließlich war alles vorbereitet (allerdings nicht so wie heute mit Pavillon auf der Startbrücke, Wäschetrockner im Bad und heißer Dusche neben dem Beckenausstieg!). Am Freitag, den 16. Juli 1981 gab Winfried Wippern um 16 Uhr den Startschuss für das erste 48-Stunden-Schwimmen, bei dem insgesamt 146,9 km Kilometer zurückgelegt wurden. Mangels ausreichend vieler Schwimmer in den beiden Nächten legten diejenigen, die gerade im Wasser waren, meistens Strecken zwischen 1,5 und 4 km am Stück zurück. Mit Startgeldern, Spenden und dem Erlös aus dem Kuchenverkauf, konnten wir der Aktion Sorgenkind nachher mehrere Tausend DM überreichen.
Die Aktion Sorgenkind kam dann noch 1982 und 1983 in den Genuss der Erlöse unserer 48-Stunden-Schwimmen, ehe wir ab 1984 die Multiple Sklerose Gesellschaft Bonn/Rhein-Sieg damit unterstützten. Seit 1996 schwimmen wir, das werden die meisten Vereinsmitglieder ja wissen, für den Wiederaufbau einer Rutsche im Rüngsdorfer Freibad und haben seitdem über DM 15.000,- in den Finanzierungspool für die Rutsche eingezahlt.
Natürlich war es in jedem Jahr das Bestreben der ISC- bzw. ISV-Aktiven, mehr Kilometer zu schwimmen als im Vorjahr. Um dieses Ziel zu erreichen, mussten die Strecken, die einzelne Schwimmer am Stück zurücklegen, immer kürzer werden. Kürzere Strecken bedingen aber, dass der Einzelne öfter ins Wasser muss, und das geht nur, wenn das Wetter mitspielt, es also vor allem nachts noch warm genug ist. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, unser Kilometerrekord, der ungefähr bei 215 km liegt, stammt aus einem solchen „warmen“ Jahr Anfang der 90er Jahre.
In jedem Jahr werden die Aktiven „gekürt“, die die meisten Kilometer innerhalb der 48 Stunden zurückgelegt haben. Der „all time record“ bei den Vereinsmitgliedern dürfte bei Anna Simons liegen, die 1998 20,2 km schaffte, gefolgt von meiner einer mit 19,6 km aus 1986. In einigen Jahren wurden wir von den Schwimmern der Behinderten-Nationalmannschaft unterstützt, so z. B. 1986. Die haben wohl auch schon mal deutlich mehr als 20 km geschafft.
Nachdem wir es in den vergangenen 19 Jahren bis auf ein Mal immer geschafft haben, widrigen Wetterbedingungen, Stromausfällen, die die nächtliche Bahnbeleuchtung kurzzeitig zum Erliegen brachten, und sonstigen Hemmnissen zu trotzen, sollte die Fortführung des 48-Stunden-Schwimmens in den nächsten Jahren eigentlich kein Problem sein. Spannend jedoch ist die Frage, wann die Stadt Bonn es schafft, im Rüngsdorfer Freibad die Rutsche wiederaufzubauen, für die wir in den letzten Jahren so eifrig geschwommen sind.
Wolfgang Heer
P. S. Ein besonderer Dank sei an dieser Stelle all denen ausgesprochen, die durch ihre Hilfe und Unterstützung Veranstaltungen wie das 48-Stunden-Schwimmen überhaupt erst möglich machen!